.hist2011 – Geschichte im digitalen Wandel

Eva Pfanzelter: Quellenkritik vor der Zerreißprobe? Vom kritischen Umgang mit digitalen Ressourcen

Abstract

Das Internet als Informationsmedium rückt den quellenkritischen Prozess in weitaus mehr Fachbereichen als nur in der Geschichtswissenschaft ins Zentrum des Forschungsverlaufes. Die Frage nach der Wissenschaftlichkeit und der Zuverlässigkeit von online Forschungsressourcen entscheidet darüber, ob und wie Informationen benutzt werden können oder nicht. Dementsprechend gehört eine rigide Quellenkritik nicht nur in der Geschichtswissenschaft zu den grundlegenden digitalen Arbeitstechniken und sollte ein integraler Teil des Forschungsprozesses sein. Die Fragen, die sich aufdrängen, zielen zum einen auf den Umgang mit Ressourcen, die von klassischen Forschungseinrichtungen wie Archiven und Bibliotheken zur Verfügung gestellt werden. Zum anderen gilt es allerdings auch, zu untersuchen, ob es Möglichkeiten einer adäquaten Quellenkritik in Bezug auf die zahlreichen anderen Informationsformate und -kanäle (z.B. Youtube, Blogs, Flickr, Twitter etc.) gibt.

Die These lautet, dass die Grundsätze der klassischen Quellenkritik sich mit Erweiterung der Untersuchungsparameter durchaus auf digitale Forschungsressourcen anwenden lassen, solange es sich um Ressourcen aus etablierten Einrichtungen handelt. Die Fülle der Information im Netz und die Problematik schwer zu überprüfender Echtheit jedoch machen eine technische Unterstützung notwendig. Lösungsansätze gibt es hierzu nur marginal.

Als pragmatische Anwendungsvorschläge wurden Filtersysteme, Fach- und Themenportale, Evaluationskriterien und -schemata sowie virtuelle Trainings thematisiert. Bei nicht standardisierten Ressourcen zeigten sich mit diesen Methoden aber schnell die Grenzen der klassischen Quellenkritik. Besonders die „data driven history“ macht eine technische Unterstützung bei der Quellenkritik unabdingbar. Dafür gibt es allerdings erst erste Lösungsansätze, die noch nicht adäquat im Forschungsalltag von HistorikerInnen genutzt werden.

Zur Person

Eva Pfanzelter, geboren 1969 in Italien, ist seit September 2010 Assistenzprofessorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck in Österreich. Nach dem Studium der Geschichte und Fächerkombination (Englisch, Philosophie, EDV für Geisteswissenschaften) an den Universitäten Innsbruck und Eastern Illinois, Charleston (IL), USA, promovierte sie 2005 in Innsbruck. Zwischen 1999 und 2010 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am oben genannten Institut. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Europäische Geschichte nach 1945, Regionalgeschichte (Südtirol/Tirol) sowie Tourismusgeschichte des Alpenraumes und Digital Humanities. Im Habilitationsprojekt beschäftigt sie sich mit Holocaust-Websites zwischen Mediendiskurs, Geschichtspolitik und Aktionismus.

Weitere Informationen zum Vortrag

  • Peter Haber, Digital Past: Geschichtswissenschaft im digitalen Zeitalter, München 2011.
  • Michael Hielscher und Nando Stöcklin, Wikibu, o.D., http://www.wikibu.ch, eingesehen 1.9.2011.
  • King’s Kollege London/Centre for Computing in the Humanities, King’s Visualisation Lab, http://www.kvl.cch.kcl.ac.uk/, eingesehen 1.9.2011.
  • Geert Lovink, Zero Comments: Blogging and Critical Internet Culture, New York 2007.
  • Roy Rosenzweig Center for History and New Media, Research and Tools, 1996–2011 http://chnm.gmu.edu/research-and-tools/, eingesehen 1.9.2011.
  • Siva Vaidhyanathan, The Googlization of Everything: (And Why We Should Worry), Berkley 2011.

Kontakt

Ass. Prof. Dr. Eva Pfanzelter
Institut für Zeitgeschichte
Universität Innsbruck
Innrain 52
A-6020 Innsbruck