.hist2011 – Geschichte im digitalen Wandel

Torsten Reimer: Der Hausmeister und der Präsident. Virtuelle Forschung als Chance für die Geisteswissenschaften

[Folien zum Vortrag...]

Abstract

"Software", so formulierte es unlängst ein Direktor der amerikanischen National Science Foundaton, "is the modern language of science." Blickt man auf wissenschaftliche Großprojekte wie die Entschlüsselung des menschlichen Genoms oder den Large Hadron Colider, ja auf die Naturwissenschaften im Allgemeinen, erscheint diese Aussage keineswegs besonders provokant. Auch aus den Geisteswissenschaften ist der Einsatz digitaler Kommunikationstechnologie nicht mehr wegzudenken. Das betrifft aber in erster Linie Wissenschaftskommunikation, Informationsrecherche und den Zugriff auf digitale Quellen.

In meinem Vortrag habe ich, unter anderem anhand von Beispielen innovativer Projekte aus dem Portfolio des britischen JISC, dafür argumentiert, dass die Geisteswissenschaften die digitale Revolution als Chance betrachten sollten. Als Chance zum einen dafür, neue Forschungsfragen zu stellen oder alte auf andere Arten zu beantworten. Als Chance aber auch, intensiver auf die Öffentlichkeit zuzugehen – insbesondere unter den Schlagworten "crowdsourcing" oder "citizen cyber science". Dieses Argument habe ich eingebunden in eine Diskussion von Ergebnissen und Erkenntnissen aus den letzten fünf Jahren "digital humanities" in Großbritannien, vom Aufstieg zum national geförderten Strategieprogramm bis zu einer Situation, in der die staatliche Förderung sogar der traditionellen universitären Lehre komplett gestrichen wurde.

In einer Zeit, in der Forschung – zum Guten wie auch zum Schlechten – verstärkt öffentlich ihren Wert beweisen muss, bietet digitale Technologie die Chance, sich mit kollaborativer Nutzung der entstehenden digitalen Forschungsinfrastruktur auf neue Art den großen Fragen der Geisteswissenschaften zu widmen. Das bietet nicht nur Chancen für innovative Forschung, sondern auch die Möglichkeit, die Öffentlichkeit neu zu begeistern. Ähnlich wie in der Anekdote vom NASA-Hausmeister, der John F Kennedy auf die Frage, was er da mache, geantwortet haben soll: "Einen Mann auf den Mond bringen."

Zur Person

Torsten Reimer studierte in München Neuere und Neueste Geschichte und wurde 2006 mit einer Arbeit über englische nationale Identität in der Frühen Neuzeit promoviert. Während des Studiums arbeitete er an einer Reihe digitaler Pilotprojekte, u.a. dem DFG-geförderten "Server für die Frühe Neuzeit"; er ist Mitgründer von historicum.net. 2007 wechselte er an das King's College London, wo er am Centre for Computing in the Humanities ein nationales Netzwerk für digitale Forschungsmethoden in den Geisteswissenschaften koordinierte. Nach einem Wechsel an das Centre for e-Research als Development Manager betreut er inzwischen bei JISC als Programme Manager ein nationales Programm zur digitalen Forschungsinfrastruktur und verschiedene Aktivitäten im Bereich e-Research.

Kontakt

Dr. Torsten F. Reimer
Programme Manager, Digital Infrastructure
Joint Information Systems Committee (JISC)
1st floor, Brettenham House
5 Lancaster Place
UK London, WC2E 7EN
E-Mail: t.reimer@jisc.ac.uk
Twitter: http://twitter.com/#!/torstenreimer